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EuGH hält Inbox-Werbung für unzulässig

Werbeanzeigen in der Inbox von sogenannten Freemail-Diensten (z.B. GMX, Web.de) sind seit dem 25. November einwilligungsbedürftig.
16.12.21 | Interessanter Artikel bei absolit
EuGH hält Inbox-Werbung für unzulässig © Freepik
 

Sachverhalt


Dem Urteil lag ein Vorabentscheidungsersuchen des BGH (BGH v. 30.01.2020, Az. I ZR 25/19) zugrunde. Dem Verfahren liegt eine streitige Auseinandersetzung zwei Stromlieferanten zugrunde. Im Auftrag des einen wurden Werbeanzeigen in der Inbox von Nutzern eines Freemail-Dienstes angezeigt. Diese Werbeanzeigen werden in der Inbox der Nutzer zusammen mit seinen E-Mail-Posteingängen angezeigt. Dabei unterscheiden sich diese Anzeigen von den Maileingängen dadurch, dass sie optisch hervorgehoben sind. Außerdem wird das Datum durch das Wort „Anzeige“ ersetzt und es wird kein Absender angegeben.


Der Wettbewerber des werbenden Stromlieferanten störte sich hieran und sah in derartigen Werbeanzeigen einen Wettbewerbsverstoß nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Die Anzeigen würden sich als elektronische Post darstellen, die einwilligungsbedürftig ist.


Die Vorinstanzen waren sich nicht einig. So zweifelt das OLG Nürnberg daran, dass ein Fall der elektronischen Post vorliegt. Denn die Werbeanzeigen werden nicht wie eine E-Mail versendet, sondern lediglich in der Inbox eingeblendet. Der BGH hielt es dagegen für möglich, dass § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG europarechtskonform so auszulegen sein, dass es nicht auf das Verschicken von Nachrichten ankomme, sondern auch schon ein „Verbreiten“ der Werbebotschaften ausreiche. Daher legt er die EuGH diese Frage vor.


Urteil des EuGH


Nach Ansicht des EuGH liege in der Einblendung der Werbeanzeigen letztlich die Verwendung von elektronischer Post (Urteil v. 25.11.2021, Az. C‑102/20) . Es handle sich um Nachrichten für die Zwecke der Direktwerbung. Dies ergebe sich daraus, dass sich der Nutzer mit der Werbung wie mit einer E-Mail auseinandersetzen müsse. Daher bedarf es für die Einblendung solcher Werbung einer Einwilligung des Nutzers.


Da jedoch zwei Kategorien von E-Mail-Diensten angeboten werden (entgeltlich und unentgeltlich), ist es denkbar, dass der Nutzer mit der Registrierung für die unentgeltliche Variante in die Werbeeinblendungen eingewilligt hat. Dafür müsste der Nutzer klar und präzise über die Möglichkeit der Einblendung von Werbeanzeigen in seiner Inbox informiert worden sein und auf dieser Basis – für den konkreten Fall und in voller Kenntnis der Sachlage – seine Einwilligung gegenüber dem Freemail-Dienst bekundet haben. Dies festzustellen ist nun Aufgabe des BGH.


Bewertung


Der EuGH argumentiert allein vom Ergebnis her und löst sich von der technischen Frage, ob hier eine elektronische Post in dem Sinne vorliegt, dass eine Nachricht verschickt wird und zeitversetzt abgerufen werden kann. Hierauf soll es nicht ankommen, da die Werbeanzeige dem Nutzer wie ein E-Mail angezeigt wird.


Das ist zu kritisieren, weil die Grenzen verschwimmen: Wenn es nicht einmal bei Begriffen wie „unter Verwendung elektronischer Post“ noch darauf ankommt, ob überhaupt etwas per (elektronischer) Post versandt wurde, schafft das Rechtsunsicherheit.


Die Banner waren klar als Werbung gekennzeichnet. Ohne Not nimmt der EuGH den Werbenden hier eine einfache Möglichkeit der Ansprache potenzieller Kunden.


Fazit


Trotz kritischer Betrachtung des Urteils kann man dieses nicht ignorieren. Nationale Gerichte werden dem in der Zukunft folgen. Insbesondere wer sich in der Vergangenheit zur Unterlassung verpflichtet hat, sollte auf Inbox-Werbung verzichten. Bei dieser lässt sich nicht steuern, wem gegenüber die Anzeigen eingeblendet werden. Damit droht ein nicht kontrollierbares Risiko von Vertragsstrafen.


Ansonsten kann man nur darauf hoffen, dass der BGH eine ausreichende Einwilligung mit der Entscheidung für einen unentgeltlichen Freemail-Dienst annimmt oder zumindest klare Anforderungen an eine solche bestimmt. Angesichts hoher Hürden an eine wirksame Einwilligung, bestehen jedoch nur zurückhaltende Erwartungen.